Eines vorweg: Ich war nie ein ausgesprochener E-Mountainbike-Fan. Nicht das ich Sinn und Zweck in Frage stellen würde, ermöglichen sie vielen Bikern doch, lange und technisch anspruchsvolle Touren zu unternehmen, ohne körperlich in Hochform zu sein. Allerdings hatte ich mit vielen E-MTB’s in der Regel erst auf richtig anspruchsvollen Abfahrten Spaß, weil ich mich häufig übermotorisiert fühlte. Der heißgeliebte Endorphinschub, der mich regelmäßig auf mein Bio-Bike lockt, blieb bei meinen E-MTB Touren häufig aus. Zu stark, zu laut, zu unhandlich, irgendwie wollte der Funke einfach nicht überspringen.
Doch mittlerweile ist alles anders, denn die junge Kategorie der Light E-Mountainbikes macht vieles anders: Ein geringes Gewicht sorgt für mehr Agilität auf dem Trail und in der Luft. Kleinere Akkus in Verbindung mit schwächeren Motoren rücken den Biker wieder stärker ins Zentrum des Geschehens und versprechen echtes Bike- statt Mofafeeling. Klingt super, oder?
Ein vorbildlicher Vertreter dieser Gattung ist das Ghost Path Riot Full Party. Eines Tages stand es plötzlich bei uns im Shop und was soll ich sagen? Ich war sofort verknallt! Der dezent aber edel lackierte Carbon Rahmen mit 140mm Multi-Link Hinterbau ist super verarbeitet und lässt das gesamte Bike sehr hochwertig erscheinen. Tolle Parts wie die Fox 38 Factory mit 160mm Federweg, Formula Cura Bremsen eine Eightpins-Sattelstütze, XTR Parts und Syntace Laufräder sind bei einem Preis von 9000 Euro zwar standesgemäß, lassen aber auch auf ein glückliches Händchen des Produktmangers schließen.
Darüber hinaus ist das Bike sehr modern gezeichnet: Ein ordentlicher Reach trifft auf einen flachen Lenkwinkel und einen steilen Sitzwinkel. Das sieht auf den ersten Blick schon mal nicht schlecht aus. Im schlanken Unterrohr ist ein Fazua Ride 60 Motor integriert. Dieser wird von einem 430 WH Akku gespeist, dessen Fahrmodi per App komplett personalisierbar sind.
Das Bike ist also schick und scheint potent, aber die Gretchenfrage ist: Wie schlägt sich das Ghost Path Riot in freier Wildbahn? Um das zu beantworten, haben wir das von Ghost bereitgestellte Testbike kurzerhand auf unsere Hometrails entführt.
Schon bei der Anfahrt fällt der leise und sanft einsetzende Fazua-Motor positiv auf. Bei langsamerem Pedalieren kaum hörbar, entwickelt er erst bei höheren Trittfrequenzen ein dezentes Summen, das aber stets angenehm im Hintergrund bleibt. Sehr cool. Die Sitzposition ist zentral und nicht zu überstreckt, ich sitze schön integriert im Bike und bekomme am Berg spontan Lust, in den Wiegetritt zu gehen. Dabei fällt mir auf, dass der Hinterbau erfreulich neutral bleibt und guten Gegenhalt bietet. Das stimmt zuversichtlich.
Die Anfahrt zum ersten Trail beinhaltet eine längere Rampe mit vielen Quer- und Längswurzeln. Das Fahrwerk generiert in Verbindung mit den Maxxis-Reifen sehr guten Grip und das Vorderrad klebt förmlich am Boden. Die kleinste Unterstützungsstufe bietet genug Power um die steileren Abschnitte souverän, aber durchaus sportlich ambitioniert zu bewältigen. Ich bin sogar etwas außer Atem, wer hätte das gedacht.
Es folgt ein mit einigen Wurzeln und Steinen durchsetzter Trail, der in einigen längeren und kurzen Kurven parallel zum Hang entlang führt. Das Path Riot lädt sofort dazu ein, aus dem Sattel zu gehen und Druck zu machen. Flink fliegt das Bike durch die Kurven, das Handling ist im besten Sinne neutral, aber keineswegs langweilig und verführt sofort dazu, den Grip der Reifen auszutesten. Hier überrascht aufs neue die Neutralität des Hinterbaus, der sich nicht nur sehr sensibel sondern auch erstaunlich schluckfreudig präsentiert. Passt toll zur feinfühligen Gabel – insgesamt hinterlässt das Duo einen sehr harmonischen Eindruck. Dazu passt auch der Motor, der ein sehr natürliches Fahrgefühl vermittelt. Ohnehin hat Fazua in Punkto Sensorik deutlich aufgeholt. Der Motor zeigt unter Last eine angenehme Progression und läuft erst bei höheren Trittfrequenzen zur Hochform auf. Dadurch erliegt man nicht, wie bei so vielen Motoren, der Versuchung, sich komplett chauffieren zu lassen. Das Ghost Path Riot belohnt sportliche Fahrer mit einem deutlichen Plus an Schub und Fahrspaß. Einige Trails später habe ich das Bike schon liebgewonnen und erfreue mich an Details, wie den kräftigen und fein zu dosierenden Formula Cura Bremsen und der prima zu bedienenden Remoteeinheit.
Doch jetzt ist es Zeit für die letzte Abfahrt. Einen mit Wurzeln und groben Steinfeldern gespickten, kurvigen Trail mit vielen Stufen zum Abziehen. Hier spätestens merke ich, dass ich das Bike auf dieser Runde nicht annähernd an seine Grenzen bringe. Souverän und laufruhig bügelt das Ghost über den groben Untergrund, ohne dabei an Wendigkeit in engen Spitzkehren einzubüßen. So lädt das Bike zum Spielen ein und lässt sich munter in die Ecken werfen, ein Fest für Freunde der gröberen Gangart. Unten angekommen bleibe ich kurz stehen und halte inne. Verdutzt stelle ich fest, dass ich richtig gute Laune habe und das Bike gar nicht wieder hergeben möchte. Verdammte Axt, da haben die Jungs und Mädels bei Ghost echt alles richtig gemacht.
Fazit
Das Ghost Path Riot Full Party zeigt eindrucksvoll, wohin die Reise geht. So viel Spaß hatte ich bisher selten mit einem E-MTB. Dass das Bike auf der Testrunde eindeutig unterfordert war und sich das wahre Potential wohl nur auf einem waschechten Endurotrail ausfahren lässt? Geschenkt! Das wichtigste ist: Hinterher war ich rundum happy und ist es nicht das, worum es beim Biken geht? Genau!